Mängel am Gemeinschaftseigentum: Kann die WEG klagen, auch wenn nur einem Eigentümer Ansprüche zustehen?

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Auf Basis seiner Grundsatzentscheidung aus dem Jahr 2007 hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 15.01.2010 (Az.: ZR 80/09) klargestellt, dass der Verband auch dann Erfüllungs- und Nacherfüllungsansprüche an sich ziehen kann, wenn nur einem einzelnen Eigentümer diese Rechte zustehen.

In seiner Grundsatzentscheidung aus dem Jahr 2007 hatte der Bundesgerichtshof klargestellt, dass die teilrechtsfähige WEG durch Mehrheitsbeschluss gemeinschaftsbezogene Rechte der einzelnen Eigentümer an sich ziehen kann. Das betrifft das Recht auf Mangelbeseitigung, Ersatz von Aufwendungen und Vorschuss. Das Recht auf Minderung und den „kleinen“ Schadenersatz steht von vornherein nur der Gemeinschaft zu. Nur der Rücktritt und den „großen“ Schadenersatz kann ausschließlich der Einzelerwerber geltend machen.

Folgender Sachverhalt lag dem Urteil vom 15.01.2010 zugrunde: Die Klägerin wehrte sich als Miteigentümerin gegen einen Beschluss der Gemeinschaft, durch den die WEG berechtigt werden sollte, „Sachgewährleistungsansprüche bezüglich des Gemeinschaftseigentums“ geltend zu machen. Die Klägerin war Eigentümerin eines Mehrfamilienhauses in Berlin, das sie in Wohnungseigentumseinheiten aufteilte und an einzelne Erwerber veräußert hat. Dabei übernahm sie die Verpflichtung zur Beseitigung von Schäden. Nur in den zwei Wohnungen eines Eigentümers gab es noch Wasserschäden.

Der BGH weist die Anfechtungsklage ab. Es entspricht einer ordnungsmäßigen Verwaltung (§ 21 Abs. 3 WEG), wenn die Eigentümer die gemeinschaftsbezogenen Erfüllungs- und Nacherfüllungsansprüche zur Durchsetzung der Gemeinschaft übertragen. Das gilt auch dann, wenn nur noch einem Eigentümer Ansprüche wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum zustehen. Bei einer anderen Betrachtungsweise hätte der teilende Eigentümer die Möglichkeit, eine Gleichläufigkeit der Eigentümerinteressen und damit ein Vorgehen gegen ihn zu verhindern.

Fazit: Es ist aus praktischen Erwägungen sinnvoll, dem Verband die Möglichkeit zu geben, die Ansprüche Einzelner zur Durchsetzung an sich zu ziehen. Bauträger können aus der Entscheidung mitnehmen, dass sie sich auch dann nicht ihren Verpflichtungen entziehen können, wenn sie es bei einer WEG mit nur einem Eigentümer zu tun haben, der noch Ansprüche wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum geltend machen kann.

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RA Zunft