Fristlose Kündigung eines Arbeitnehmers, der damit droht, für den Fall, dass der Arbeitgeber einem Verlangen des Arbeitnehmers auf Urlaubsgewährung nicht nachkommen sollte, „krank zu werden“

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Arbeitsrecht

In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist anerkannt, dass bereits die Ankündigung einer zukünftigen, im Zeitpunkt der Äußerung noch nicht bestehenden Erkrankung für den Fall, dass der Arbeitgeber einem Verlangen des Arbeitnehmers (z.B. auf Urlaubsgewährung) nicht entsprechen sollte, einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB darstellt. Ein wichtiger Grund an sich -eine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten- liegt unter anderem vor, wenn der Arbeitnehmer seine Interessen im Arbeitsverhältnis durch die rechtswidrige Drohung mit einem empfindlichen übel gegenüber dem Arbeitgeber durchzusetzen versucht. Dabei ist nicht entscheidend, ob er damit zugleich den Straftatbestand der Nötigung (§ 240 StGB) oder der Erpressung (§ 253 StGB) erfüllt. Auch unterhalb der Strafbarkeitsschwelle ist ein derartiges Vorgehen mit den wechselseitigen Loyalitätspflichten im Arbeitsverhältnis (vgl. § 241 Abs. 2 BGB) unvereinbar. Ob und inwieweit der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin tatsächlich später erkrankt, spielt keine Rolle. Es genügt nämlich für einen verständigen Beobachter die wahrnehmbare Verknüpfung zwischen dem Begehren des Arbeitnehmers und der zukünftigen Erkrankung. Der Arbeitnehmer droht nämlich damit, seine Interessen notfalls auch ohne Rücksicht darauf durchsetzen zu wollen, ob eine Arbeitsunfähigkeit tatsächlich vorliegt. Deshalb kann beim Arbeitgeber der berechtigte Verdacht aufkommen, der Arbeitnehmer sei bereit, sich einen ihm nicht zustehenden Vorteil auf Kosten des Arbeitgebers zu verschaffen. Der Arbeitnehmer verletzt damit seine arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht, die es verbietet, den Arbeitgeber auf diese Art und Weise unter Druck zu setzen. War der Arbeitnehmer bei der Ankündigung künftiger Arbeitsunfähigkeitszeiten bereits arbeitsunfähig, so wiegt die Drohung mit weiterer Krankschreibung allerdings weniger schwer und rechtfertigt in der Regel keine außerordentliche Kündigung.

In dem vom LAG Rheinland-Pfalz zu entscheidenden Fall trat der Arbeitnehmer einer Weisung des Arbeitgebers mit der Drohung—entgegen, sich krankschreiben zu lassen. In dem dortigen Fall wurde seitens des Gerichts eine fristlose Kündigung bejaht (LAG Rheinland-Pfalz vom 21.07.2020, Az.: 8 Sa 430/19).

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RA Pätzhorn

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