Wer trägt das Risiko einer Änderung der allgemein anerkannten Regeln der Technik?

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Baurecht

Der Auftragnehmer schuldet grundsätzlich die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik zum Zeitpunkt der Abnahme. Das gilt auch bei einer Änderung der allgemein anerkannten Regeln der Technik zwischen Vertragsschluss und Abnahme.

In einem solchen Fall hat der Auftragnehmer den Auftraggeber regelmäßig über die Änderung und die damit verbundenen Konsequenzen und Risiken für die Bauausführung zu informieren, es sei denn, diese sind dem Auftraggeber bekannt oder ergeben sich ohne Weiteres aus den Umständen.

Der Auftraggeber hat dann in der Regel zwei Optionen. Der Auftraggeber kann zum einen die Einhaltung der neuen allgemein anerkannten Regeln der Technik verlangen mit der Folge, dass ein aufwendigeres Verfahren zur Herstellung erforderlich werden kann, als im Zeitpunkt des Vertragsschlusses von den Parteien vorgesehen. Der Auftragnehmer kann im Regelfall eine Vergütungsanpassung verlangen.

Der Auftraggeber kann zum anderen von einer Einhaltung der neuen allgemein anerkannten Regeln der Technik und damit von einer etwaigen Verteuerung des Bauvorhabens absehen.

Bauvorhaben ziehen sich mitunter über Jahre hin. Das kann das Problem mit sich bringen, dass im Zeitpunkt der Abnahme andere allgemein anerkannte Regeln der Technik gelten als noch bei Vertragsschluss. Grundsätzlich gilt, dass eine Leistung nur dann frei von Sachmängeln ist, wenn sie im Zeitpunkt der Abnahme den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht. Was aber gilt, wenn der Auftraggeber die Leistung in einem Leistungsverzeichnis detailiert beschrieben hat und der Auftragnehmer ausführen muss, was der Auftraggeber vorgegeben hat?

Diese Frage hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 14.11.2017 – VII ZR 65/14 – in oben dargestellten Grundsätzen klargestellt. In dem Fall ging es um die Errichtung von drei Hallen zu einem Festpreis von 770.000,00 €. In der Gebäudebeschreibung war eine Schneelast von 80 kg/qm angegeben, was zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses der geltenden DIN 1055-5 entsprach. Nach Änderung der DIN ist eine Schneelast von 139 kg/qm anzusetzen. Es kam zu einer Durchbiegung. Der Auftraggeber verweigerte die Abnahme und forderte 856.000,00 € Vorschuss zur Mangelertüchtigung. Der Auftraggeber hat nur teilweise Erfolg, weil er sich die Sowieso-Kosten anrechnen lassen muss.

Praxishinweis: Anders ist es, wenn die Leistung lediglich funktional beschrieben wird. In dem Fall trägt allein der Auftragnehmer das Risiko einer Änderung der allgemein anerkannten Regeln der Technik zwischen Vertragsschluss und Abnahme.

 

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RA Zunft

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