Keine Mehrvergütung nach Zuschlag in der Vergabe bei Annahme mit veränderter Bauzeit

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Vergaberecht Verwaltungsrecht

Erteilt ein Auftraggeber in einer öffentlichen Vergabe über Bauleistungen den Zuschlag auf das Angebot des Bieters unter Herausnahme einzelner Leistungen, ohne dass dies in der Ausschreibung so vorgesehen ist, liegt darin die Ablehnung eines Bieterangebots in Verbindung mit einem neuen Angebot. Nimmt der Bieter das so modifizierte Angebot an, muss er die Leistung in der neuen Bauzeit ohne Mehrvergütung erbringen.

Wieder einmal hat sich der Bundesgerichtshof zu Fragen der Mehrvergütung bei einem verspäteten Zuschlag im Vergabeverfahren geäußert (Urteil vom 06. 09.2012 – VII ZR 193/10) entschieden. Folgende Konstellation lag der Entscheidung zugrunde:

Der Bieter unterbreitete ein Angebot für ein Los des Neubaus der B 101n über rund 7,1 Mio €. Nachdem die Bindefrist einvernehmlich verlängert worden war, erteilte der Auftraggeber mit einer reduzierten Auftragssumme den Zuschlag. Wegen der Verzögerung bei der Vergabe erhielt der Auftraggeber eine geänderte Bauzeit und einen späteren Fertigstellungstermin. Der Bieter nahm den Auftrag in der geänderten Form ohne Vorbehalt schriftlich an. Später forderte er eine Mehrvergütung von rund 900.000,00 €, die mit der zeitlichen Verschiebung begründet.

Der Kläger verliert in allen Instanzen. Der Auftraggeber hat im Auftragsschreiben klar und unzweideutig zum Ausdruck gebracht, dass der Zuschlag zu abweichenden Bedingungen des Angebots zustande kommen soll. Der Auftraggeber hat eine neue Bauzeit vorgegeben und den Leistungsumfang verändert. Dadurch, dass der Kläger das modifizierte Angebot vorbehaltlos angenommen hat, ist ein Vertrag zu den Bedingungen des modifizierten Zuschlags zustande gekommen.

Der klagende Auftragnehmer hätte sich schützen können. Es war für ihn erkennbar, dass ein Vertrag zu geänderten Bedingungen zustande kommen soll. Er hätte auch ablehnen oder das Angebot unter dem Vorbehalt einer Mehrvergütung annehmen können. Für den Auftraggeber ist aus der vorbehaltlosen Annahme hingegen nicht erkennbar gewesen, dass er mit einer Mehrvergütung rechnen muss. Er kennt die Kalkulation des Bieters nicht.

Fazit: Vorsicht bei geänderten Angebotsannahmen – nicht nur bei einem verzögerten Zuschlag in der Vergabe! Die modifizierte Annahme eines Angebots wird als Ablehnung des Angebots und Vorlage eines neuen Angebots gewertet. Wird dieses ohne Vorbehalt angenommen, kommt der Vertrag genauso zustande. Mit einem einfachen Vorbehalt hätte der Bieter sich schützen können.

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RA Zunft

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